Donnerstag, 22. September 2016

Filmanalyse - Die Addams Family in verrückter Tradition

Von Serienmörderinnen und hochnäsigen blonden Rotzgören als Kolonialverbrecher

   
Ich kann mich noch an einen Film erinnern, von dem ich weiß, dass er mich in meiner Jugend doch sehr stark manipuliert hat, und zwar in eine Richtung, die mich selbst dazu verleitete, blonde Mädchen zu hänseln, herabzusetzen und zu verletzen. Als je tierlieber, naiver – ja „blonder“ das weibliche Opfer galt, als umso „cooler“ galt man selbst. Das haben sich die charakterlosen sadistischen Schüler meiner Generation natürlich nicht nehmen lassen. 
            
Zu jener Propaganda, verpackt in harmlos daherkommenden „Kinderfilmen“, die antiblonde Ressentiments anheizten, gehörte zweifellos „Die Addams Family in verrückter Tradition“ aus dem Jahr 1993. Den ersten Teil habe ich noch gar nicht gesehen, er sollte aber auch dringend analysiert werden.
    
Es geht um die Monsterfamilie Addams, bestehend aus den Psychopathen Morticia Addams, Gomez Addams, Onkel Fester, Wednesday Addams, Pugsley Addams und dem kleinen Pubert. Sieht man den Film zum ersten Mal, hält man sie als Monster zunächst für die eigentlichen Unsympathen und Bösewichte. Doch was passiert? Es gibt zwei parallel verlaufende Geschichten: Die eine handelt um Onkel Fester, der sich in die blonde Serienmörderin Debbie Jellinsky verliebt. Diese jedoch ist ein absolutes Ekelpaket, versucht Fester von der Familie zu trennen und ihn letztendlich zu ermorden.    
         
Serienmörderin Debbie Jellinsky
    
Die Monsterfamilie Addams wird in ihrer Unsympathie von der blonden Serienmörderin übertroffen, die Addamsfamily wird erst dadurch zum Sympathieträger des Films. Das kleine (zunächst dunkelhaarige) Baby Pubert ahnt, dass irgendetwas zwischen Fester und Debbie im Argen ist und verwandelt sich daraufhin in ein blondes Baby. Dies wiederum ruft bei dem Vater des Säuglings, Gomez Addams, Ohnmächtigkeit hervor. Die Metamorphose des kleinen Puberts ist wahrscheinlich noch die harmloseste Szene, die man als heiteren Jux einordnen könnte. 

Wirklich richtig ekelig aber wird der zweite parallel verlaufende Teil der Geschichte. Die Kinder Pugsley und Wednesday werden in ein Ferienlager gesteckt. Dort sind sie die unglücklichen dunkelhaarigen Außenseiter, mit denen sich der Zuschauer identifizieren kann, weil die ganzen vornehmlich blonden Mitschüler in kitschig-übertriebener Weise fröhlich und selbstherrlich auftreten. Besonders zu dem schwarzhaarigen Mädchen Wednesday baut man Sympathien auf, trotz ihrer Gefühlskälte. Das liegt daran, weil sie andauernd von den hellhaarigen Schülern, vor allem von der blonden Rivalin Amanda Buckman, gemobbt wird.

             
Links Sympathieträgerin Wednesday, rechts Rotzgöre Amanda Buckman
      
Der Höhepunkt ist die Szene im Ferienlager, in der Wednesday das Indianermädchen Pocahontas spielen muss, zusammen mit ihren dunkelhaarigen Außenseiterfreunden, die die Rolle der Indianer übernehmen. Die Rotzgöre Amanda muss eine rassistische und arrogante Europäerin bzw. eine Pilgerin spielen. Wednesday hasst Amanda wie die Pest und muss als Pocahontas im Theaterstück auch noch der Eitelkeit ihrer hellhaarigen Rivalin schmeicheln („Deine Haare haben die Farbe der Sonne“). Die oberflächliche Amanda wiederum genießt das sehr. Hier werden schon sehr stark Rachegefühle erzeugt.

Dann gerät das Stück außer Kontrolle. Wednesday beschwört die Rache der Indianer, fackelt mit ihren Freunden das Kolonialistendorf ab und bindet Amanda an einen Pfahl. Endlich haben sich die Unterdrückten an den arroganten „blonden Jocks“ (siehe Elliot Rodger) gerächt! Das ist der Eindruck, den ich als junger beeinflussbarer Mensch gewonnen hatte und wie er wohl vom Regisseur beabsichtigt war. Wer es nicht glaubt, kann es sich hier ganz gemütlich im englischen Original ansehen:


     
Die blonde Amanda Buckman wird als ekelhafter arroganter weiblicher
Jock aufgebaut. Man möchte sie am liebsten skalpieren. In feindseliger Absicht werden nebenbei antiblonde Tätermythen konstruiert bei völliger Verkennung geschichtlicher kolonialer Tatsachen, so als ob es keine dunkelhaarigen Kolonialisten gegeben hätte. Es ist klar, was der Regisseur beabsichtigte: Er instrumentalisiert Haarfarbe, um darin Herrschaftsverhältnisse auszudrücken.
    
Rassistische Anfeindungen bis hin zum sadistischen Lustmord an hellhaarigen Menschen, Blondinenwitze, das ganze Sich-Entschuldigen-Müssen blonder Menschen für das eigene Dasein und für die vermeintliche Täterrolle an Verbrechen der Kolonialzeit - es hat seine Wurzeln in genau dieser Art Propaganda. Das Gefährliche an dieser Hetze ist: Sie ist nicht politisch, sondern kommt als Unterhaltung getarnt daher! Sie wirkt viel tiefgründiger, da man sich von ihr nicht distanzieren kann wie man das bei ernsten politischen Themen könnte. Man schnappt Stereotype, Gedankenbilder und Ideologeme auf und hat seinen Spaß, war ja immerhin ein lustiger Film.


Mich würde nicht wundern, wenn Filme, die blonde Menschen als die arroganten, sexuell erfolgreichen, beliebten, coolen“, aber doofen Schüler darstellen, genau die Vorlagen liefern, die dann zu Taten wie die eines Elliot Rodger führen. Seine Tatmotive basierten auf jene Art Neid, wie er in solchen Filmen provoziert wird. Dabei ist die Sache mit der hellhaarigen Serienmörderin Jellinsky schon nicht mehr wirklich fein. So arbeitet Hirnwäsche!

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